Moment 3: Jadewatt
Mein Nachmittag am Jadebusen war sommerlich ruhig, beinahe ohne Wind. Genussvoll schlenderte ich den Uferweg am Meer entlang, umweht von dieser zarten Brise, die mir den würzigen Duft nach Salz und Meer entgegentrug. Zugleich erfüllte eine eigentümliche Ruhe die Szenerie – als hielte die Landschaft den Atem an.
Das Wasser war zurückgewichen - auf die Flut folgt Ebbe, unscheinbar, doch unaufhaltsam. Wer sich die Zeit nimmt und an einer Stelle stehen bleibt, kann es beobachten: Die Nordsee zieht sich Zentimeter um Zentimeter zurück, wie ein Vorhang, der den Blick freigibt auf den Grund, der sich als Watt in ganzer Weite entfaltet.Vor meinen Augen entstand diese eigentümliche Landschaft – nass glitzernd, mit Meeresrillen und Strömen, die wie Adern das Watt durchzogen. Das Licht des Himmels spiegelte sich auf den wässrigen Flächen, flackerte in Silber, Blau und Grau. Jeder Moment veränderte das Bild, als würde das Watt sich selbst malen, Strukturen und Reflexe wie auf einer riesigen Leinwand entstehen lassen.
Als ich dann lauschte, hörte ich dieses typische, so zarte Geräusch: das tausendfache leise Ploppen des Schlicks, aus dem die Luft entweicht. Ein Flüstern, das über die Wattflächen weht, unaufdringlich, fast geheimnisvoll – voller Leben. Bei diesem Klang wanderte mein Blick staunend über das niemals gleiche Muster, das sich unter meinen Füßen ausbreitete.
In dieser Stille, in diesem flüchtigen Zusammenspiel aus Wasser, Licht und Erde lag für mich eine tiefe Faszination. Ein nordischer Naturmoment, der sich ständig erneuert und doch jedes Mal einzigartig ist.